Initiative für mehr bezahlbare Wohnungen in Thalwil

Gute Gründe für die Initiative für mehr bezahlbare Wohnungen

 

Die Initiative…

  • …setzt verbindliche politische Prioritäten: Die Wohnsituation wird schweizweit prekärer – bei mittlerweile 90 % der Haushalte sind die Wohnkosten der grösste Budgetposten und bezahlbarer Wohnraum wird knapp. Aber Thalwil ist besonders stark betroffen. In der Zu- und Wegzugsbefragung des Kantons belegte Thalwil den Schlussrang bezüglich Wohnraum. In keiner anderen befragten Gemeinde wurden fehlender Wohnraum und zu hohe Mietpreise öfter als Grund für den Wegzug genannt (Link). Die Leerstandsquote in Thalwil ist zudem weiter gesunken, nur 0.27% der Wohnungen werden aktuell zur Miete oder zum Kauf angeboten – weniger als halb so viel als im kantonalen Durchschnitt (Link). Die Situation wird durch die aktuellen Erhöhungen des Referenzzinssatz doppelt verschärft: Die Mieten steigen und gleichzeitig sinken die Anreize, Kapital in Immobilien zu investieren und neuen Wohnraum zu schaffen.
    Die Gemeinde ist beim Erhalt und der Schaffung von preisgünstigem und gemeinnützigem Wohnraum nicht ganz untätig – aber eindeutig zu wenig aktiv. Jetzt ist Zeit, um entschieden zu reagieren und die Aktivitäten der Gemeinde zu intensivieren. Es fehlt den heutigen Absichtserklärungen die politische Verbindlichkeit. Die Initiative verankert in unserer Gemeindeordnung, dass sich die Gemeinde aktiv für mehr preisgünstigen und gemeinnützigen Wohnraum einsetzen soll. Damit wird dem Thema die dringend nötige politische Priorität und Legitimation eingeräumt – auch als Grundlage für die anstehende BZO-Revision.
  • …hilft, illegal übersetzte Mieten zu reduzieren: Mieten wären in der Schweiz gesetzlich gedeckelt. Die maximale Rendite darf den Referenzzinssatz nicht um mehr als 2 % übersteigen (Link). Jedoch halten sich immer weniger Vermieter*innen an diese Regel und nutzen, dass sie bei beschränktem Angebot an Wohnraum die Preise setzen können: Während der Referenzzinssatz über die letzten 15 Jahre stetig gesunken ist, sind die Mieten gestiegen. Die Schweizer Mieter*innen zahlen pro Jahr rund 10 Milliarden Franken zu viel Miete – das sind pro Miethaushalt monatlich 370 CHF! (Link) Allein in Thalwil zahlen wir also geschätzt jährlich über 25 Millionen Franken, für die es keine Rechtfertigung gibt. Viele staatliche Sozialleistungen für Menschen mit geringem Einkommen fliessen über diese überhöhten Mieten direkt an Immobilienbesitzer*innen – wir subventionieren also die Immobilienbranche! Durch Erhöhung des Anteils gemeinnütziger Wohnungen können wir unseren Boden als beschränkte Ressource diesem überteuerten Markt entziehen – bei der Wasserversorgung kommt ja auch niemand auf die Idee, Gewinne abzuschöpfen. Eine aktive Bodenpolitik, wie sie die Initiative fordert, ist deshalb eine Kernaufgabe der Gemeinde und muss in der Gemeindeordnung festgeschrieben werden.
  • …bewirkt, dass Immobilien langfristig wieder den Menschen gehören, die sie nutzen: Der Anteil der Menschen, die sich in der Schweiz Wohneigentum leisten könnten, ist mittlerweile weiter unter 10 % gesunken (Link). Gemeinnützige Wohnungen können mithelfen, dass wieder mehr Menschen in selbstbewohntem Eigentum leben können – kollektiv in Genossenschaften und Stiftungen, statt individuell in den eigenen vier Wänden. Grundstücke und Immobilien sollen langfristig wieder denen gehören, die sie auch nutzen, statt dass sie als Renditeobjekte fungieren. Deshalb fordert die Initiative, dass sich der Anteil an preisgünstigem und gemeinnützigem Wohnraum stetig erhöhen soll.
  • …hilft, Wohnraum der Spekulation zu entziehen: Mit den tiefen Zinsen der letzten 15 Jahre wurden Grundstücke und Immobilien zu einem attraktiven Investment für Anleger*innen. Einerseits war Geld für Investitionen und Bauvorhaben so billig wie nie zuvor, andererseits sank damit auch die Attraktivität anderer Anlageklassen. Das hat viele Investor*innen dazu gebracht, im Immobilienbereich auf Wertsteigerungen und steigenden Mieteinnahmen zu spekulieren. Miethaushalte warfen schlicht mehr Rendite ab als beispielsweise Obligationen – das ist unerhört und darf so nicht bleiben! Mehr gemeinnütziger Wohnraum bedeutet auch mehr Wohnraum der Spekulation zu entziehen – auch deshalb fordert die Initiative, dass sich der Anteil an preisgünstigem und gemeinnützigem Wohnraum stetig erhöhen soll.
  • …fördert Win-Win-Situationen für Gemeinde und Bevölkerung: Der Erhalt und weiterer Aufbau von preisgünstigem und gemeinnützigem Wohnraum ist eine Win-Win-Situation für Gemeinde und Bevölkerung: Für die Menschen in Thalwil bedeutet es massiv tiefere Mieten, höhere Kaufkraft – und höhere Wohnqualität (Link). Nicht umsonst gehen 9 von 10 Architekturpreise wegen hoher Wohnqualität und innovativer Konzepte an Bauten von Genossenschaften. Für die Gemeinde bietet dies Chancen für lohnenswerte Investitionen in Immobilien und dass Wertsteigerungen (u.a. durch unsere Investitionen in Schulen, öffentlichen Raum oder Verkehrsmittel) nicht als Rendite abfliessen, sondern im Volksvermögen bleiben.

…betrifft alle – nicht nur Menschen mit geringem Einkommen: Bezahlbarer Wohnraum ist Teil der sozialen Verantwortung unserer Gesellschaft. Hohe Mieten und Wohnungsnot betreffen uns alle, nicht nur die niederen Einkommensschichten oder sozial benachteiligte Menschen. Jede*r von uns kann durch persönliche Umstände, Krisen oder ein Unglück (z.B. Brand) die Wohnung verlieren und auf der Strasse stehen. Eine bezahlbare Wohnung zu finden bei einem Leerwohnungsbestand von 0.27 % ist ein schier aussichtsloses Unterfangen.

Erwiderungen zu wichtigsten Contra-Argumenten

Die Initiative…

  • …ist unnötig – wir sollten den Markt spielen lassen: Das funktioniert offensichtlich nicht. An einem Ort mit der Lebensqualität und Infrastruktur wie in Thalwil wird immer eine Übernachfrage nach Wohnraum bestehen. Die Anbieter können deshalb die Preise setzen – ein klassisches Marktversagen. Deshalb deckelt der Staat gesetzlich die maximale Rendite – was aber nachweislich nicht eingehalten wird. Für langfristig bezahlbare Wohnungen braucht es deshalb mehr gemeinnützigen Wohnraum, denn gemeinnützig Wohnungen sind durchschnittlich bis zu 40 % günstiger (Link). Die Initiative fordert, dass sich die Gemeinde aktiv dafür einsetzt.
  • …ist unnötig – wir müssen einfach mehr bauen: Das führt offensichtlich nicht automatisch zu mehr bezahlbarem Wohnraum. Zwischen 2008 und 2020 ist die Leerwohnungsziffer immer wieder gestiegen, es wurden also mehr Wohnungen auf dem Markt angeboten. Gleichzeitig sind die Mieten gleichzeitig stark gestiegen (Link). Es kommt also darauf an, wie gebaut wird und wer baut – deshalb fordert die Initiative, dass vermehrt gemeinnützige Bauträgerschaften in Thalwil preisgünstigeren Wohnraum halten und schaffen, da diese ohne Gewinnabsichten dem Prinzip kostendeckender Mieten verpflichtet sind.
  • …ist unnötig – es gibt kein Menschenrecht in Thalwil zu wohnen: Es gibt aber ein Menschrecht auf angemessenen Wohnraum. Es ist Teil unserer sozialen Verantwortung dafür zu sorgen, dass Menschen, die in Thalwil sozial verankert sind, auch in unserer Gemeinde bleiben können. Im Übrigen gibt es kein Menschenrecht auf zu hohe Renditen auf unserem Thalwiler Boden.
  • …ist unnötig – die Gemeinde hat ja schon Ziele
    Die Gemeinde hat schon Legislaturziele und erarbeitet momentan ein Strategiepapier für die kommunalen Liegenschaften. Das sind jedoch lediglich Absichtserklärungen und in diesem Sinne nicht verbindlich wie eine Verankerung in der Gemeindeordnung: Ein nicht erreichtes Legislaturziel hat keine Konsequenzen. Gleichzeitig schadet die Verankerung ja nicht, wenn die Gemeinde sowieso aktiver werden will.
  • …ist unnötig – die Gemeinde macht ja schon viel: Good News: In der Gemeinde Thalwil werden in nächster Zeit eine relevante Anzahl zusätzlicher gemeinnütziger Wohnungen fertiggestellt – so z.B. im Breiteli Nord. Bad News: Die Diskussion zur Schaffung von preisgünstigen und gemeinnützigen Wohnungen in ebendieser Parzelle startete vor ziemlich genau 50 Jahren! Die aktuellen Projekte sind langfristig gesehen ein Tropfen auf den heissen Stein. Welche Projekte auf die aktuellen, im Abschluss stehenden Parzellen folgen sollen, ist zudem völlig unklar. Umso wichtiger ist es, dass das Thema in der politischen Agenda an Priorität gewinnt und als verbindliches Ziel in der Gemeindeordnung verankert wird.
  • …ist kontraproduktiv und verursacht zu hohen Aufwand:
    Der Gemeinderat argumentiert, dass gewisse Instrumente nicht sinnvoll, zu aufwändig oder zu einschränkend seien. Genau aus diesem Grund macht die Initiative keine starren Vorgaben, sondern weist den Gemeinderat auf eine Toolbox von bereits bestehenden, bewährten Instrumenten hin. Somit hat der Gemeinderat weiterhin sämtliche Freiheiten, im Rahmen seiner Kompetenz in jedem Einzelfall die sinnvollste Lösung mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis zu wählen. Dies kann je nach Fall über eine Vorschrift, einen Anreiz erhöhter Ausnützung, einen städtebaulichen Vertrag, durch aktive Bodenpolitik – oder durch irgendeine andere Massnahme – geschehen, da die Instrumente bewusst und nicht abschliessend in einer «Kann»-Formulierung genannt werden.